Isabel Allende: Die Insel unter dem Meer

In ihrem auf 40 Jahren angelegten historischen Roman nimmt Isabel Allende uns mit in die Karibik, genauer gesagt nach Saint-Domingue, dem heutigen Haiti.

Das kleine Mulattenmädchen Zarité wird an den weißen Plantagenbesitzer Toulouse Valmorain als Sklavin verkauft, um als Zofe für dessen neue Frau zu dienen.

Valmorain selber hat seine Zuckerrohrplantage von seinem verstorbenen Vater geerbt, wollte eigentlich nicht in der Karibik bleiben, sondern in Frankreich Karriere machen. Aber das Schicksal versetzt ihn auf eine Insel mit sehr harten klimatischen Bedingungen und einer Kultur voller Voodoozauber – und Sklavenhaltung, der er im Grunde nicht wirklich zustimmt. Aber um seine Plantage bewirtschaften zu können, duldet er sie.

Zarité ist kaum neun Jahre alt, als sie auf die Plantage kommt, hat eigentlich den Wunsch nach Freiheit und versucht diesem Wunsch ihr Leben lang nachzukommen. Ihre neue Herrin leidet allerdings unter den klimatischen Bedingungen und wird nach zahlreichen Fehlgeburten und der Geburt ihres Sohnes zunehmend verwirrt und lebensuntüchtig. Zarité wird für Sohn Maurice zur Ersatzmutter.

Obwohl Valmorain sich irgendwann Zarité in sein Bett holt, ihr das erstes Kind wegnimmt, gibt Zarité nicht auf. Ihr zweites Kind, ein Mädchen, darf auf der Plantage bleiben und wächst wie eine Schwester für Maurice auf.

Später begehren die Sklaven gegen die herrschenden Franzosen auf, es kommt zu kriegerischen Unruhen, und Valmorain verlässt – mit Zarité und durch ihre Hilfe – die Plantage, und schließlich auch die Insel. Über Kuba als Zwischenstation landen sie schließlich alle in New Orleans, wo Valmorain und sein Schwager eine neue Plantage aufbauen.

Freude und Bekannte sowohl von Valmorain als auch von Zarité kommen ebenso in die Stadt, und irgendwann schafft es Zarité schließlich wirklich, sich und ihrer Tochter die Freiheit aus der Sklaverei zu erkämpfen. Aber in der neugewonnene Freiheit lebt es sich nicht einfach wie zunächst vermutet. Und dann ist da auch noch die Liebe von Valmorains Sohn Maurice zu Zarités Tochter – und damit seiner Halbschwester – Rosette…

Ein bunter, spannender, teilweise auch politischer und nachdenklich machender Roman über das Leben von Zarité und Valmorain, der sich gut liest und seine Leser in die fremde Welt der Karibik im 18./19. Jahrhundert entführt.

Erschienen ist „Die Insel unter dem Meer“ 2010 bei Suhrkamp.

Dagmar Fohl: Die Insel der Witwen

Taldsum, eine Insel im friesischen Wattenmeer, Mitte des 19. Jahrhunderts. Das Leben der Bewohner ist geprägt von der Seefahrt, dem Tod und bitterer Armut. Als ein Leuchtturm auf dem Eiland errichtet werden soll, schlagen die Wogen der Empörung hoch.

Auch die junge Seemannswitwe Keike Tedsen, die wie viele Frauen von der Strandräuberei lebt, fürchtet um ihr karges Auskommen. Dann aber verliebt sie sich in den Hamburger Ingenieur Andreas Hartmann, der mit dem Leuchtturmbau beauftragt ist. Es ist eine schicksalhafte Liebe, die das Leben der beiden für immer verändern soll …

Dagmar Fohl, Die Insel der Witwen. Gmeiner Verlag 2010.

Jodie Picoult: Zeit der Gespenster

Im Norden des US-Bundesstaates Vermont steht ein altes Haus, sein Besitzer ist im Pflegeheim und bereit es zu verkaufen. Der pontenzielle Käufer, ein Bauinvestor, will ein Einkaufszentrum auf dem Grundstück errichten. Doch der Protest der im Ort lebenden Indianer verhindert ein weiteres Vorgehen.

Gleichzeitig geschehen merkwürdige Dinge: der Boden gefriert im Sommer, es regnet Blüten. Der Grund, so munkelt man, ist ein alter Indianerfriedhof auf dem Grundstück – die Geister wehren sich gegen den Neubau. Spukt es im Haus?

Ross Wakeman hat bisher als Geisterjäger gearbeitet, die eigentliche Motivation für seine jahrelange Beschäftigung mit dem Thema ist aber der frühe Tod seiner Verlobten vor einigen Jahren. Er hofft, sie als Geist wieder zu sehen und den Unfall, der zu ihrem Tod führte, aufzuarbeiten. Als er vom örtlichen Polizisten gebeten wird, sich mit dem „Spukhaus“ zu beschäftigen, willigt er ein. Während seiner Arbeit trifft er die geheimnisvolle Lia und verliebt sich in sie.

Jodie Picoult schafft es mit dieser Geschichte, zahlreichen weiteren handelnden Personen (die Flut derer ist am Anfang des Romans etwas unübersichtlich) und einer Rückblende in die 1930er Jahre, einen Bogen zu spannen: Indianerkultur, Geister und Spukgeschichten (aber es ist keine Gruselgeschichte!), Eugenik und unschöne aber historische „Experimente“, die es in dieser Zeit in Vermont wirklich gab, fesseln die Leser ebenso wie die – natürlich – vorkommende Liebesgeschichte.

Unterschiedliche Einzelschicksale und die verschiedenen Themen machen das Buch zum Schluss doch rund, obwohl es einen anfangs wirklich erschlägt, sowohl was die Personen- als auch die Themenfülle angeht. Ich habe oft zurückgeblättert, um manche Zusammenhänge noch einmal nachzuvollziehen.

Alles in allem aber ein sehr lesenswertes Buch, das einen in unbekanntere historische Zusammenhänge der amerikanischen Geschichte mitnimmt und trotzdem unterhaltsam ist!

Jodie Picoult: Zeit der Gespenster. Piper 2010.

Jutta Oltmanns: Das Geheimnis der Inselrose

Wieder hat Jutta Oltmanns einen *schönen* historischen Roman geschrieben, der in Ostfriesland spielt. Wie schon in „Die Friesenrose“ (2009, Fredebold und Fischer) nimmt Oltmanns ihre Leser mit in das 19. Jahrhundert, diesmal auf die Insel Wangerooge.

Die junge Wemke steht nach dem Tod ihrer Eltern mit ihrer kleinen Schwester allein da. Sie nimmt 1854 eine Stellung auf Wangerooge an, die, so heißt es in der Anzeige, „absolute Bindung erfordert“. Aber sie sieht keinen anderen Ausweg, denn Schwesterchen Freya ist gerade ein Jahr alt, und das Zimmer, in dem sie wohnen, wurde ihr gekündigt. So brechen sie in eine ungewisse Zukunft auf.

Auf der Insel trifft sie Jeels van Voss. Aufgewachsen bei seinem Ziehvater auf dem Festland, ist auch er erst einige Tage auf Wangerooge. Nach dem plötzlichen Tod des Ziehvaters erfuhr er von seinen Wurzeln auf der Insel: die Mutter Reemke lebte hier, ebenso die Großmutter.

Warum waren sie auf der Insel nicht anerkannt und wurden gemieden? Was hat es mit der „Gabe“ auf sich, die auch seine Mutter besessen hatte? Gerüchte sprechen davon, dass die Mutter ein Meerweib war. Jeels ist zwar Arzt, verschweigt dies auf der Insel aber lieber, und macht sich mit dem Strandstreicher Krischan daran, die alte Hütte seiner Mutter instand zu setzen. Schließlich muss er sich gegen die Anfeindungen und das Misstrauen der anderen Inselbewohner zu Wehr setzen.

Als Wemke auf der Insel eintrifft und Jeels erblickt, wissen beide sofort, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch Wemke erwartet die „absolute Bindung“: Sie soll den schon älteren Badearzt Dr. Hoffmann heiraten, um die weiblichen Badegäste davon abzuhalten, ständig mit ihm zu flirten… Das Abkommen sieht aber eine platonische Ehe vor, Wemke hofft auf finanzielle Absicherung und ein ruhiges Leben – und eine gute Zukunft für die kleine Schwester.

Oltmanns „Inselrose“ ist ein richtig schöner Schmöker, der sich am besten mit einer Kanne (Ostfriesen-)Tee auf dem Sofa liest, besonders, wenn es draußen windig ist und regnet – das ist genau die Stimmung, die in einigen Teilen – und besonders am Ende – eine Rolle spielt. Natürlich kommen Dramatik und Liebe nicht zu kurz.

Leicht zu lesen und sicher in manchem auch voraussagbar, macht das Buch trotzdem Spaß und beschwingt!

Erschienen bei Heyne TB 2010.