Kinderbücher #2: Unsere kleine Farm

Welche Autoren gefielen euch als Kinder am besten, welche Bücher waren der Hit? In dieser neuen Rubrik stelle ich euch meine ganz persönlichen Favoriten vor.

Die Reihe „Unsere kleine Farm“ kennen viele aus dem Fernsehen. Ich entdecke die Geschichte von Laura Ingalls, die mit ihren Eltern zu Beginn im großen Wald in Wisconsin lebt und eines Tages gen Westen aufbricht, allerdings im Bücherregal der Bücherei und „verliebte“ mich. 

Eine (ausführliche) Zusammenfassung der Bücher findet ihr weiter unten.

Was begeisterte mich so an dieser Geschichte?

Zunächst beruhen die Bücher auf der Biografie von Laura Ingalls Wilder, die Ereignisse haben also (einigermaßen) so stattgefunden. Laura ist ein Mädchen mit einem starken Charakter, das einen eigenen Willen hat und sich versucht zu behaupten. Nicht unbedingt typisch für ein Mädchen in dieser Zeit! Aber vielleicht beeindruckte mich gerade das.  Continue reading Kinderbücher #2: Unsere kleine Farm

Colm Tóibín: Brooklyn

Was für ein schönes, unaufgeregtes Buch!

Die junge Eilis wandert in den 50er Jahren aus Irland nach New York aus, mehr oder weniger gegen ihren Willen oder Zutun. Die Brüder sind von zuhause weggegangen, die große Schwester verdient das Geld, die Mutter ist allein. Eilis findet keine Arbeit.

Etwas unbedarft bricht sie die Reise ins Ungewisse an, und der Autor schildert immer wieder Situationen, in denen man mit Eilis mitleidet, gleichzeitig auch ein bisschen lächelt: auf dem Schiff wird sie nach dem Genuss des Abendbrotes seekrank. Später hat sie hat starkes Heimweh, gibt es aber nicht zu. Durch die Sprünge (die Ankunft wird z.B. gar nicht geschildert) fehlen Stellen, die aber andererseits auch wieder nicht wichtig sind, nur durch Eilis eigene Erinnerungen gefüllt werden.

Man merkt, dass Eilis sich weiter entwickelt, plötzlich eigenständiger wird. Ihre Sichtweise verändert sich – und nur aus dieser Sichtweise ist das Buch auch geschrieben. Das und der sehr schöne Stil des Autors machen das Buch absolut lesenswert, auch wenn Eilis‘ Schicksal ein typisches Einwandererschicksal nachzeichnet, das sie am Ende sogar noch vor eine Probe stellt.

Colm Tóibín: Brooklyn. Hanser 2010.

Jennifer Haigh: Auftauchen

In der normalen amerikanischen Familie McKotch gibt es scheinbare normale Probleme: Mutter, Vater, drei Kinder; das eine mehr, das andere mehr verhätschelt. Doch als bei der 13-jährigen Tochter Gwen ein Gendefekt festgestellt wird, der bewirkt, dass sie nicht weiter wachsen wird, beginnt die Familie langsam auseinander zu brechen.

Die Mutter Paulette sorgte sich immer übermäßig um alle; Vater Frank war nur auf seine Karriere bedacht und merkte nicht, wie er sich dabei von der Familie entfernte. Der älteste Sohn Billy war zwar Muttersohn, wird später aber leider schwul und kann seiner Familie gegenüber nicht ehrlich sein. Dagegen ist der jüngere Sohn Scott immer hyperaktiv gewesen und ist auch später der „Loser“, der nichts auf die Reihe bekommt. Die Ehe der Eltern zerbricht, und alle kauen allein auf ihren Problemen herum.

Gwen dagegen zieht sich lange in ihre Nische zurück, bis sie eines Tages ihre große Liebe trifft und plötzlich beginnt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen – zum Erstaunen der ganzen Familie. Die muss nun auf einmal wieder aufeinander zugehen.

Das Tolle an diesem Roman ist vor allem die wechselnde Erzählperspektive, denn alle fünf Familienmitglieder berichten aus ihrer Sicht von den Geschehnissen. Irgendwie fügt sich die Geschichte erst durch die unterschiedlichen Eindrücke zu einem Gesamtbild zusammen – alle nachvollziehbar und doch so verschieden.

Schöner und gut geschriebener Familienroman, der zum Nachdenken über die Zerbrechlichkeit von Familiengefügen, Hoffnungen, Erwartungen und Träumen anregt – aber auch die Hoffnung nicht aufgibt.

Jennifer Haigh: Auftauchen. Droemer 2010.

Jodie Picoult: Zeit der Gespenster

Im Norden des US-Bundesstaates Vermont steht ein altes Haus, sein Besitzer ist im Pflegeheim und bereit es zu verkaufen. Der pontenzielle Käufer, ein Bauinvestor, will ein Einkaufszentrum auf dem Grundstück errichten. Doch der Protest der im Ort lebenden Indianer verhindert ein weiteres Vorgehen.

Gleichzeitig geschehen merkwürdige Dinge: der Boden gefriert im Sommer, es regnet Blüten. Der Grund, so munkelt man, ist ein alter Indianerfriedhof auf dem Grundstück – die Geister wehren sich gegen den Neubau. Spukt es im Haus?

Ross Wakeman hat bisher als Geisterjäger gearbeitet, die eigentliche Motivation für seine jahrelange Beschäftigung mit dem Thema ist aber der frühe Tod seiner Verlobten vor einigen Jahren. Er hofft, sie als Geist wieder zu sehen und den Unfall, der zu ihrem Tod führte, aufzuarbeiten. Als er vom örtlichen Polizisten gebeten wird, sich mit dem „Spukhaus“ zu beschäftigen, willigt er ein. Während seiner Arbeit trifft er die geheimnisvolle Lia und verliebt sich in sie.

Jodie Picoult schafft es mit dieser Geschichte, zahlreichen weiteren handelnden Personen (die Flut derer ist am Anfang des Romans etwas unübersichtlich) und einer Rückblende in die 1930er Jahre, einen Bogen zu spannen: Indianerkultur, Geister und Spukgeschichten (aber es ist keine Gruselgeschichte!), Eugenik und unschöne aber historische „Experimente“, die es in dieser Zeit in Vermont wirklich gab, fesseln die Leser ebenso wie die – natürlich – vorkommende Liebesgeschichte.

Unterschiedliche Einzelschicksale und die verschiedenen Themen machen das Buch zum Schluss doch rund, obwohl es einen anfangs wirklich erschlägt, sowohl was die Personen- als auch die Themenfülle angeht. Ich habe oft zurückgeblättert, um manche Zusammenhänge noch einmal nachzuvollziehen.

Alles in allem aber ein sehr lesenswertes Buch, das einen in unbekanntere historische Zusammenhänge der amerikanischen Geschichte mitnimmt und trotzdem unterhaltsam ist!

Jodie Picoult: Zeit der Gespenster. Piper 2010.