Japanisch in Hamburg: Inspektor Takeda

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Kennt ihr das? Der Krimi neigt sich dem Ende entgegen, und du weißt: Das ist der (bisher) letzte Band. Danach ist unweigerlich Schluss. Schrecklich! Vielleicht wird die Reihe ja fortgesetzt – aber wann?!

Inzwischen führe ich eine Liste mit Reihen, auf deren Fortsetzungen ich warte. Das Tolle ist ja immer, wenn man eine neue Reihe anfängt und beim Lesen merkt: Das lese ich gern, UND es gibt bereits mehrere Bände!

So ging es mir mit Takeda. Der ist Inspektor und kommt aus Tokio. Allerdings arbeitet er gerade in Hamburg bei der Mordkommission. Seine ihm zugeteilte Kollegin Claudia ist anfangs überhaupt nicht begeistert, mit ihm zusammen arbeiten zu müssen, merkt aber schnell: Der hat was drauf. Ihre anfängliche Befürchtung, dass der „Neue“ nur vorgeführt und sie selber in schlechtem Licht dastehen soll, löst sich bald in Luft auf.

Höfliche Frage statt hartem Verhör

Der Inspektor heißt mit vollem Namen Kejiro Takeda und bekommt es mit spannenden Fälle zu tun: Im ersten Band wird ein älteres Buchhändler-Ehepaar tot aufgefunden. Ihr Laden soll einem großen Altonaer Bauprojekt weichen. Vieles liegt nahe, nichts erweist sich für die Ermittler als haltbar. Takedas Glück ist nicht nur, dass es von früheren Aufenthalten sehr gut Deutsch spricht. Sondern, und das macht die Reihe so interessant, immer eine japanische Perspektive auf die Tatsachen hat. Seine ungewöhnliche und für Deutsche oft überraschend höfliche Art, sich mit Menschen zu unterhalten (oder sie zu verhören). Aber auch die kulturellen Unterschiede, auf Rang und gesellschaftlichen Status zu reagieren oder es mit mangelndem Respekt zu tun zu haben. Continue reading Japanisch in Hamburg: Inspektor Takeda

Hamburg: Die Jahrhundert-Trilogie

Jahrhundert-Trilogie | schokotexte.de

 

Als ich vor einigen Wochen in einer Buchhandlung stöberte, stieß ich – fast beim Weggehen – noch auf die „Töchter einer neuen Zeit“ von Carmen Korn. Ich überflog den Klappentext und kaufte das Buch kurzentschlossen. Bereits in den Wochen zuvor hatte ich andere historische Romane aus den 1920er Jahren verschlungen. Also genau mein „Beuteschema“! 

Eigentlich las ich gerade noch eine ganz andere Buchreihe, nämlich die historischen Berlinkrimis von Volker Kutscher. Sie spielen in den Jahren 1929 bis 1934, eine unheilvolle Zeit. Dank Kutschers eindrücklichem Erzählstil und den sehr in die Tiefe gehenden Schilderungen der aufkommenden und beginnenden NS-Zeit fesselten sie mich sehr, und ich beschäftigte mich viel mit den Themen der Zeit.

Die „Töchter einer neuen Zeit“ lagen also noch ein oder zwei Wochen, bis ich Volker Kutschers bisher letzten Band real und im Kopf beendet hatte. Die Bücher sind echt schwere Kost, weil man natürlich weiß, was alles noch kommen wird und dass die Nazis eben nicht 1935 ‚kein Thema mehr‘ gewesen sein werden. Continue reading Hamburg: Die Jahrhundert-Trilogie

[Lesetipp] Anne Jacobs: Die Tuchvilla

„Für alle Liebhaber von Downton Abbey!“ – Kennt ihr solche Empfehlungen auch? Auf Büchern oder bei TV-Tipps liest man so etwas immer wieder. HEUTE allerdings muss ich für „Die Tuchvilla“ sagen: Es stimmt!

"DieLange habe ich mich nicht mehr so schnell festgesaugt in einem Roman, mich lange nicht mehr so schnell fesseln lassen. Zugegeben: Ich liebe historische Romane, egal aus welchem Zeitalter.

Und ich mag Lebens-Geschichten, also biografisch angehauchte Bücher. Und ja, ein gewisser Kitschalarm lässt sich bei den meisten historischen Romanen auch nicht leugnen.

Doch die „Tuchvilla“ hatte für mich von allem, was es braucht, etwas:

  • eine beeindruckende Hauptfigur: Marie, Waisenkind, weiß kaum etwas über ihre Eltern
  • ein strahlendes Setting: Die Tuchvilla gehört dem Fabrikanten Johann Melzer, der in Augsburg Stoffe herstellt. Ähnlich wie in Downton Abbey gibt es die Herrschaft und die Dienstboten-Ebene mit jeweils all ihren Schicksalen und Verkettungen miteinander. Die Villa selbst ist dabei Dreh- und Angelpunkt
  • eine breite Palette von Gefühl und Emotion: Drama und Leidenschaft, (un)glückliche Liebe und Schicksal, Streit und Versöhnung, Glanz und Gloria – das alles gehört natürlich auch zur „Tuchvilla“

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Henning Mankell: Ein Großer ist gegangen

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Als ich heute morgen die Nachricht las, der schwedische Schriftsteller Henning Mankell sei gestorben, war ich betroffen. Natürlich? Natürlich. Aber für mich war Mankell ein wirklich besonderer Schriftsteller. Eine Art Nachruf

Vielleicht kennt ihr das: Mit manchen Autoren (oder natürlich auch anderen Künstlern) verbindet euch etwas. Ich selber habe ja eine Weile in Schweden gelebt. Zu dieser Zeit kam Mankells Roman „Die fünfte Frau“ gerade dort auf den Markt.

Das schwedische Cover fand ich gruselig: Ein älter aussehender Puppenkopf, die Augen der Puppe starr gerade aus gerichtet, vor einem Hintergrund aus roten Rosen. Ich gebe zu: Das sprach mich nicht an, und Krimis las ich damals auch nicht. Erst später probierte ich dann  schwedische Krimis, zuerst die vom Autorenduo Sjöwall/Wahlöö aus den 1960er und 70er Jahren. Irgendwann dann auch einen von Henning Mankell. Schnell war ich („dann doch“) begeistert. Continue reading Henning Mankell: Ein Großer ist gegangen

Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

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Dunkel schwappen die eiskalten Ostseewellen an die Außenwand der Fähre. Tang und Algen mischen sich in den Schaumkronen, der eiskalte Wind pfeift über das Oberdeck. Langsam umhüllt die Dunkelheit alles, und es beginnt zu schneien. Da ertönt plötzlich ein Schrei…

Nein, das klingt zu gruselig. Tatsächlich muss die Geschichte so losgehen:

An einem strahlend schönen Sommertag in Stockholm legt die vollbesetzte Fähre in Richtung Schären ab. Wir besuchen auf der Insel Sandhamn die erfolgreiche schwedische Krimiautorin Viveca Sten, um sie zu interviewen: Der Mann, beruflich Journalist und im Auftrag einer Zeitschrift unterwegs, die Kinder und ich. Meine Kamera wartet einsatzbereit in meiner Tasche.

Sandhamn © Inga von Thomsen

Viveca Sten ist auch außerhalb ihres schwedischen Heimat keine Unbekannte mehr. Ihre inzwischen sieben Bücher über Kommissar Thomas Andreasson und seine gute Freundin Nora Linde wurden in viele Sprachen übersetzt. Sechs Titel erschienen davon bisher auf deutsch, die Fangemeinde wartet sehnsüchtig auf mehr. Mein ganz persönlicher Vorteil: Ich spreche Schwedisch und habe dadurch einen Band Vorspung! Continue reading Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

Twittern in der Bücherhalle

Am Freitag letzte Woche besuchte ich mein erstes #BookupDE-Treffen: Ein Twittertreff für Bücherfreunde, quasi. Dies fand in der Zentralbibliothek der Hamburger Bücherhallen statt.

Auf meinem beruflichen Blog, bei schokofisch, habe ich darüber einen Blogartikel geschrieben:

http://www.schokofisch.de/bookupde-in-den-hamburger-buecherhallen/

Willkommen dort drüben!

#BookupDE

 

[Buchbesprechung] Die Hure und der Spielmann

Irgendwie schön: "Die Hure und der Spielmann"Ein historischer Roman, der zufällig bei mir landete: „Stockholm“, las ich auf dem Rückentext und „Dreißigjähriger Krieg“. Nach einigen Seiten hatte ich mich festgelesen…

Zwischen Schweden und Böhmen

Hauptfigur des Buches ist Kristina, eine junge und rebellische Schwedin, die nicht zwangsverheiratet werden möchte. Sie flieht 1618 aus Stockholm, aber schon auf der Ostsee geraten ihre Pläne, sich zur Tante nach Böhmen durchzuschlagen, ins Wanken. Nach einem Überfall durch Piraten gerät sie in Gefangenschaft und wird irgendwo an der deutschen Küste an einen Bauern verkauft.

Zweite handelnde Person ist der junge Tonda, der in Prag aufwächst und durch seinen Stiefvater viel Leid ertragen muss. Durch einen evangelischen Mönch lernt er viel, muss später allerdings einsehen, dass dieser sich nur zu Bekehrungszwecken als evangelisch ausgegeben hat. Die Jesuiten, zu denen er gehört, versuchen mit aller Macht, die Menschen wieder zum katholischen Glauben zu bekehren.

Glaubenskriege und persönliche Konflikte

Ein Streit, der nicht nur das gesamte Buch durchzieht, sondern auch Europa während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges beherrschte. Jeder kämpfte gegen jeden, es ging nur ums Überleben – allerdings verbunden mit der Frage nach der „richtigen“ Konfession. Und das konnte heute die eine, morgen die andere sein. Unvorstellbar, wie viele Menschenleben dafür geopfert wurden und wie wenig ein einzelner Mensch zu jener Zeit galt.

Kristinas Bruder Erik ist Jahre später als Soldat auf der Suche nach seiner Schwester und findet ihr Tagebuch. So begibt er sich auf die Spurensuche.

Kristina selber durchzieht halb Europa, verdingt sich als Hure einiger Feldherren, bevor sie Tonda kennenlernt. Dieser, inzwischen ein Jesuitenpater, darf sich allerdings nicht auf Kristina einlassen. Doch natürlich kommt es anders…

Die gruselige Teufelsfigur auf dem Cover rührt übrigens daher, dass der Teufelsglaube zu dieser Zeit sehr verbreitet war. Andererseits nutzt Tonda als Mönch nicht nur seine Panflöte spielt, sondern auch Kasperlefiguren (darunter einen Engel, aber eben auch einen Teufel), um dem Volk zu predigen.

Mein Fazit

„Die Hure und der Spielmann“ empfehle ich allen, die sich für historische Romane und das Thema Religionskriege interessieren. In verständlicher Sprache geschrieben, vermittelt es einen (teilweise drastischen) Einblick in das Leben der Menschen in Deutschland von 400 Jahren. Trotzdem liest es sich gut, ist spannend und durch den Perspektivwechsel der Hauptfiguren wirklich abwechslungsreich.

Daher: Daumen hoch für einen gelungenen Schmöker!

Thomas Ziebula, Die Hure und der Spielmann. Bastei Lübbe TB 2014.

 

 

Start ins neue Jahr!

Horrido, wir haben 2015! Ich hoffe, ihr seid gut reingekommen und voller Tatendrang?

Falls nein: Willkommen. Immerhin ist das Jahr inzwischen über eine Woche alt – und ich war heute den ersten Tag wieder im Büro. Trotzdem klang das alte Jahr besinnlich aus und das neue begann sanft.

Große Pläne? Natürlich! Aber über all dem schwingt noch die Stimmung (und leichte Wehmut beim Gedanken daran) der Weihnachtstage…

Leider hatten wir dieses Mal ein sehr früh und dann auch sehr großzügig nadelndes Exemplar von Weihnachtsbaum erwischt. Er *musste* dann einfach noch durchhalten und stehen bleiben. Gestern war es aber dann so weit – die Ecke ist wieder kahl und das Sofa hat seinen Platz wieder eingenommen.

Ein paar beleuchtete Sterne hängen noch vor den Fenstern, um die Weihnachtsstimmung etwas zu verlängern. Geht das? Ja, irgendwie schon… Continue reading Start ins neue Jahr!

[Buchtipp] Styleguide Berlin

Berlin, Shoppen, Retro und Design: Wenn bei diesen vier Worten auch eure Augen leuchten, habe ich heute einen besonderen Buchtipp für euch! Und zwar den styleguide Berlin von National Geographic.

Bei meinem letzten Besuch in Berlin im Mai zur re:publica14 gönnte ich mir anschließend noch drei nette Tage. Mein Mann reiste ebenfalls dazu, und wir schlenderten gemeinsam durch Schöneberg, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Immer auf der Suche nach netten Läden, die Retroschick anbieten oder Design verheißen.

Auf einer unserer Stadtspaziergänge machten wir Halt bei „Schwesterherz„, einem Laden für Papier, Deko und Wohnaccessoires. In einer Ecke lädt ein Kaffeetresen zum Verweilen ein, und das nutzen wir selbstverständlich.

Styleguide Berlin | irgendwieschoen.de

Könnt ihr es schon sehen? Unten links im Bild: Der Styleguide Berlin! Beim Schwesterherz entdeckten wir das Buch nämlich. Nicht ohne Grund: Die Inhaberin des Ladens, Ellen Teschendorf, schrieb das Buch – und verkauft es daher natürlich auch mit Freude!

Aus der Styleguide-Reihe gibt es bisher zwei andere Titel: New York und London. Diese kauften wir uns schon vor ein paar Monaten, weil das Layout, die Aufmachung und natürlich die vorgestellten Locations total gefielen. Leider sind zwar keine Reisen in diese Destinationen geplant, aber toll sind die Bücher trotzdem. Und man weiß ja nie…!

Styleguide Berlin | irgendwieschoen.de

Und nun auch Berlin! Als wir das Buch sahen, war klar: das brauchen wir auch für unsere Sammlung – und Berlin ist eine Stadt, in der wir öfter und gerne sind!
Das Tolle am Buch: Nach Stadtteilen sortiert findet ihr eine großartige Auswahl an Cafés, Shops, Restaurants, aber auch Museen und anderen Sehenswürdigkeiten. Das geht aber über das hinaus, was ihr im „normalen“ Reiseführer findet. Hier werden wirklich kleine Läden vorgestellt, die man sonst vielleicht übersieht.

Eine Übersichtskarte vereinfacht die Orientierung, und einzelne Touren helfen, einen Spaziergang im Kiez zu planen.

Styleguide Berlin | irgendwieschoen.de

Besonders spricht mich an der Styleguide-Reihe außerdem das Layout und die Gestaltung der Bücher an. Ziemlich dickes, fast packpapierähnliches Papier, ein stabiler Pappeinband mit Gummiband und eine strapazierfähige Fadenheftung machen das Buch zu einem Begleiter, der auch die Tour im Rucksack nicht krumm nimmt.

Styleguide Berlin | irgendwieschoen.de

Petra Albert steuerte die Bilder zum Styleguide Berlin bei: Raffinierte Details und Einblicke machen das Buch fast zum Bildband, so toll sind die Fotos! Ein Sammlerobjekt auf alle Fälle!

Zum Schluss noch zwei Cafétipps, den sogar zwei unserer Lieblingscafés in Schöneberg enthält der Styleguide: Das „Sorgenfrei“ und „Mamsell„, beide in der Goltzstraße.

Styleguide Berlin | irgendwieschoen.deWährend das „Sorgenfrei“ im Stil der 1950er und 1960er Jahre eingerichtet ist und die dort gezeigte Auswahl auch verkauft, besticht „Mamsell“ durch eine ausgezeichnete Schokoladen-, Torten- und „Kalter-Hund“-Auswahl. Auch hier stöbert es sich im Hinterzimmer ausgezeichnet (u.a. Geschirr und Porzellan, Deko, Papier). In beiden Cafés lohnt sich der Kaffee sehr, und man sitzt ruhig und verweilt gerne eine längere Weile.

Eine klare Leseempfehlung also für den Styleguide Berlin – zum Mitnehmen, Stöbern und Sammeln wunderbarste geeignet! Auf weitere Bände bin ich gespannt…!

Disclaimer: Ich bespreche dieses Buch allein aus Überzeugung und habe keine Unterstützung vom Verlag erhalten.

Autoren-Interview mit Assaf Gavron

Im Rahmen des Literaturfests München gewann ich aufgrund meines Blogposts ein Interview mit dem israelischen Autor Assaf Gavron und habe mich darüber sehr gefreut! Nachfolgend lest ihr nun, was er auf meine Fragen geantwortet hat:

Lieber Assaf Gavron, verstehen Sie sich als politischen Schriftsteller, oder beschreiben Sie einfach „das Leben“?

Ich definiere mich nicht selbst. Aber ich merke, dass ich von Buch zu Buch die Genres und Stile wechsle – und selbst innerhalb eines Buches! Deswegen würde ich mich nicht als politischen Schriftsteller bezeichnen. Andererseits muss ich zugeben, dass meine letzten drei Bücher viel mit den politischen Umständen meines Landes und meiner Region zu tun hatten.

Doch selbst wenn ich große Themen wie Siedler, Selbstmordattentate oder die Zukunft des Wassers behandle, versuche ich diese Themen aus der Sicht der Menschen zu beschreiben. Durch kleine Details – und das verstehe ich nicht als ‚politisches Schreiben‘.  Continue reading Autoren-Interview mit Assaf Gavron