[Lesetipp] Viveca Sten: Tödliche Nachbarschaft

Ganz frisch erschienen: „Tödliche Nachbarschaft“, der 7. Band aus Viceca Stens Krimireihe mit Kommissar Thomas Andreasson. Das Buch startet ein wenig langsamer als seine Vorgänger – und in London.

Der dort lebende Schwede Carsten Jonsson arbeitet als Risikoinvestor und treibt Geschäfte mit russischen Partnern – nicht immer ganz sauber, aber scheinbar sehr gewinnbringend.

Auf der schwedischen Schäreninsel Sandhamn investiert er in ein Haus – allerdings sprengt dieses alle Ausmaße an Größe und Vorstellungskraft: So einen Prachtbau haben die Bewohner der Insel dort bisher noch nie gesehen, und wollen dies eigentlich auch gar nicht. Viel zu protzig, viel zu groß. Für eine bisher nicht möglich gehaltene Summe soll das Grundstück an Jonsson verkauft worden sein.

"buchhandel.de/Und schnell gibt es auch Streit mit Nachbarn: Steht der Steg etwa zu nah am nächsten Grundstück? Verwehrt der neue Nachbar den Inselbewohnern den Durchgang am Strand, wie es eigentlich üblich ist? Und: Warum hat der „Auslandsschwede“ das Haus eigentlich gerade auf Sandhamn gebaut?

Alles im Umbruch

Kriminalkommissar Thomas Andreasson hat derweil ganz andere Sorgen. Sein Job erfordert immer mehr bürokratische Arbeit und macht ihm immer weniger Spaß. Unlustig schleppt er sich durch die Arbeitstage und überlegt tatsächlich, ob eine andere Arbeit nicht das Richtige wäre. Sein ehemaliger Kollege hätte da auch bereits eine Idee…

Seine Freundin Nora hat diesen Schritt bereits getan und ist inzwischen – das Buch spielt mehr als drei Jahre nach dem 6. Band – nicht nur erneut Mutter geworden, sondern arbeitet außerdem bei der Behörde zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität.

Tatsächlich dauert es etwas, bis es in diesem Band zur Katastrophe kommt: Bei einem Brandanschlag wird ein Mensch getötet. Und Thomas Andreasson und Nora suchen beide nach Motiven und Hintergründen, die Carsten Jonsson im Fokus haben. Denn eins steht schnell fest: Etwas stimmt da nicht…

Lesen? Auf jeden Fall!

Sandhamn, Viveca Sten © Inga von Thomsen
Viveca Sten

Trotz der schon erwähnten etwas ruhigeren Erzählweise lohnt sich das Buch: Die beiden Protagonisten Thomas und Nora stehen vor Veränderungen oder haben diese gerade hinter sich. Spannend fand ich die Entwicklung, wie Thomas mit seinem neuen Ermittlungspartner Aram zusammenarbeitet. Und ob er weiterhin bei der Polizei bleiben wird – das werden wir wohl erst im nächsten Band erfahren.

Viveca Sten hat wieder ein lesenswertes Buch geschrieben – eines, das ihr persönlich sehr schwer fiel. Im Nachwort erwähnt sie selber: „Es war trotzig und sträubte sich die meiste Zeit.“

Als wir sie 2015 auf Sandhamn besuchen konnten, erzählte sie ein wenig von diesen Monaten: Ein naher Angehöriger erkrankte – und natürlich waren Vivecas Gedanken in dieser schweren Zeit nicht immer auf das Buch fokussiert. Verständlich – aber zum Glück kam durch die Unterstützung vieler ein tolles Buch dabei heraus!

Und ich freue mich jetzt bereits auf das nächste. Ihr merkt: ein klarer Lesetipp!

„Tödliche Nachbarschaft“ von Viceca Sten, erschienen 2016 bei Kiepenheuer & Witsch.

 

Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

Viveca Sten | schokotexte.de

Dunkel schwappen die eiskalten Ostseewellen an die Außenwand der Fähre. Tang und Algen mischen sich in den Schaumkronen, der eiskalte Wind pfeift über das Oberdeck. Langsam umhüllt die Dunkelheit alles, und es beginnt zu schneien. Da ertönt plötzlich ein Schrei…

Nein, das klingt zu gruselig. Tatsächlich muss die Geschichte so losgehen:

An einem strahlend schönen Sommertag in Stockholm legt die vollbesetzte Fähre in Richtung Schären ab. Wir besuchen auf der Insel Sandhamn die erfolgreiche schwedische Krimiautorin Viveca Sten, um sie zu interviewen: Der Mann, beruflich Journalist und im Auftrag einer Zeitschrift unterwegs, die Kinder und ich. Meine Kamera wartet einsatzbereit in meiner Tasche.

Sandhamn © Inga von Thomsen

Viveca Sten ist auch außerhalb ihres schwedischen Heimat keine Unbekannte mehr. Ihre inzwischen sieben Bücher über Kommissar Thomas Andreasson und seine gute Freundin Nora Linde wurden in viele Sprachen übersetzt. Sechs Titel erschienen davon bisher auf deutsch, die Fangemeinde wartet sehnsüchtig auf mehr. Mein ganz persönlicher Vorteil: Ich spreche Schwedisch und habe dadurch einen Band Vorspung! Continue reading Zu Besuch bei Krimiautorin Viveca Sten auf Sandhamn

Stockholm-Reisetipps bei Regen

In meinem ersten Beitrag mit Reisetipps für Stockholm beschäftigte ich mich mit Sommer, Sonne, Sonnenschein. Doch was tun, wenn es im Urlaub in der schwedischen Hauptstadt regnet? Hier stelle ich euch die besten Tipps dafür zusammen!

Jetzt, zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels, regnet es in Hamburg schon den ganzen Tag. Das ist leider auch im skandinavischen Norden nicht ausgeschlossen. Zum Glück gibt es viele Dinge, die man trotzdem machen kann.

Museen

In Stockholm gibt es wirklich viele tolle Museen! Meine Highlights:

Vasamuseum

Stockholm | irgendwieschoen.deWeder Knäckebrot noch die schwedische Königsdynastie, sondern ein ebenso benanntes Kriegsschiff, das 1628 genau wurde und auf der Jungfernfahrt nach nur wenigen Minuten spektakulär unterging. 333 Jahre später wurde es zum Glück wieder entdeckt und dank der guten Bedingungen konnte es geborgen und restauriert werden. Continue reading Stockholm-Reisetipps bei Regen

Stockholm-Reisetipps bei Sonne

Das Wichtigste zuerst: Stockholm ist die schönste Stadt der Welt. Also für mich. Ihr könnt eine Woche dort verbringen, ohne dass es langweilig wird. Ein paar Entdeckerertipps für sonnige Tage gebe ich euch heute!

Schweden ist nicht unbedingt für heiße Sommer und milde Winter bekannt, das stimmt. Obwohl man Glück haben kann und bei 30 Grad einen warmen Sommerabend in Stockholm zu erleben, sollte ein Ausweichprogramm für kalte Regentage als Plan B immer zur Hand sein. Daher teile ich meine Tipps mal nach Wetterlage ein und beginne heute mit dem ersten Teil:

Sommer, Sonne, Sonnenschein in Stockholm!

Wenn wirklich (Hoch-)Sommer in der Stadt ist, läuft man garantiert in Horden von Reisegruppen aus aller Welt. Das gilt es zu vermeiden: entweder durch die Wahl der eigenen Reisezeit oder des Ausflugziels vor Ort. Continue reading Stockholm-Reisetipps bei Sonne

Schwedenliebe, ganz doll

Der Urlaub ist vorbei. Zwei Wochen in einem wunderschönen Haus in der Nähe meiner Herzensheimat Stockholm, die erfüllt waren von Eindrücken, Erlebnissen und Erholung. Zu schnell war die Zeit rum, viele Orte besuchte ich und sah Plätze wieder, an denen ich früher gerne war. Im Kopf dreht sich daher noch alles…

Vorschieben muss ich folgendes: Vor über 20 Jahren, nach meiner Ausbildung, lebte und arbeitete ich für sieben Monate in Stockholm, in der Deutschen Kirche. Ich wohnte in einer kleinen, süßen Wohnung in Gamla stan und lief täglich durch die alten Gassen. Und obwohl die Zeit dort auch jobtechnisch unbefriedigend war (zu wenig Herausforderungen), verliebte ich mich in die Stadt. Stockholm wurde meine Herzensheimat. Continue reading Schwedenliebe, ganz doll

[Buchbesprechung] Die Hure und der Spielmann

Irgendwie schön: "Die Hure und der Spielmann"Ein historischer Roman, der zufällig bei mir landete: „Stockholm“, las ich auf dem Rückentext und „Dreißigjähriger Krieg“. Nach einigen Seiten hatte ich mich festgelesen…

Zwischen Schweden und Böhmen

Hauptfigur des Buches ist Kristina, eine junge und rebellische Schwedin, die nicht zwangsverheiratet werden möchte. Sie flieht 1618 aus Stockholm, aber schon auf der Ostsee geraten ihre Pläne, sich zur Tante nach Böhmen durchzuschlagen, ins Wanken. Nach einem Überfall durch Piraten gerät sie in Gefangenschaft und wird irgendwo an der deutschen Küste an einen Bauern verkauft.

Zweite handelnde Person ist der junge Tonda, der in Prag aufwächst und durch seinen Stiefvater viel Leid ertragen muss. Durch einen evangelischen Mönch lernt er viel, muss später allerdings einsehen, dass dieser sich nur zu Bekehrungszwecken als evangelisch ausgegeben hat. Die Jesuiten, zu denen er gehört, versuchen mit aller Macht, die Menschen wieder zum katholischen Glauben zu bekehren.

Glaubenskriege und persönliche Konflikte

Ein Streit, der nicht nur das gesamte Buch durchzieht, sondern auch Europa während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges beherrschte. Jeder kämpfte gegen jeden, es ging nur ums Überleben – allerdings verbunden mit der Frage nach der „richtigen“ Konfession. Und das konnte heute die eine, morgen die andere sein. Unvorstellbar, wie viele Menschenleben dafür geopfert wurden und wie wenig ein einzelner Mensch zu jener Zeit galt.

Kristinas Bruder Erik ist Jahre später als Soldat auf der Suche nach seiner Schwester und findet ihr Tagebuch. So begibt er sich auf die Spurensuche.

Kristina selber durchzieht halb Europa, verdingt sich als Hure einiger Feldherren, bevor sie Tonda kennenlernt. Dieser, inzwischen ein Jesuitenpater, darf sich allerdings nicht auf Kristina einlassen. Doch natürlich kommt es anders…

Die gruselige Teufelsfigur auf dem Cover rührt übrigens daher, dass der Teufelsglaube zu dieser Zeit sehr verbreitet war. Andererseits nutzt Tonda als Mönch nicht nur seine Panflöte spielt, sondern auch Kasperlefiguren (darunter einen Engel, aber eben auch einen Teufel), um dem Volk zu predigen.

Mein Fazit

„Die Hure und der Spielmann“ empfehle ich allen, die sich für historische Romane und das Thema Religionskriege interessieren. In verständlicher Sprache geschrieben, vermittelt es einen (teilweise drastischen) Einblick in das Leben der Menschen in Deutschland von 400 Jahren. Trotzdem liest es sich gut, ist spannend und durch den Perspektivwechsel der Hauptfiguren wirklich abwechslungsreich.

Daher: Daumen hoch für einen gelungenen Schmöker!

Thomas Ziebula, Die Hure und der Spielmann. Bastei Lübbe TB 2014.