Buchbesprechung: „Schlecht aufgelegt“

Schlecht aufgelegtArbeiten in einem Callcenter, und dann noch Telefonvermittlung – nicht unbedingt der Traumjob für Paul, der eigentlich chronisch schlecht aufgelegt ist.

Als er seinen neuen Kollegen Kuli einarbeiten soll, gibt es promt Probleme: Eine Frau scheint sich am anderen Ende der Leitung mit jemandem zu streiten und die Auskunft nur aus Versehen angerufen zu haben. Dabei werden Kuli und Paul Zeugen eines Streits und beschließen, bei der Anruferin abends noch nach dem Rechten zu sehen.  Continue reading Buchbesprechung: „Schlecht aufgelegt“

Abraham Verghese: Rückkehr nach Missing

Der Familienroman beschreibt das Aufwachsen der Zwillingsbrüder Marion (ja, hier ein männlicher Vorname) und Shiva, die als Waisenkinder bei einem Ärzteehepaar im äthiopischen „Missing“-Krankenhaus leben. Dieser Name leitet sich aus dem Wort „Mission“ ab und ist von den Menschen vor Ort adaptiert worden.

Die Vorgeschichte ist dramatisch: Die Mutter der Zwillinge wächst in Indien auf und wird als junge Frau, zur Nonne und Krankenschwester ausgebildet, nach Aden geschickt. Während der langen Schiffsreise erkranken fast alle an Bord an Typhus. Der junge britische Arzt an Bord nimmt dankbar ihre Hilfe bei der Pflege der Kranken an, bevor auch er Symptome zeigt.  Continue reading Abraham Verghese: Rückkehr nach Missing

David Mitchell: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet, Teil 1

Die tausend Herbste des Jacob des ZoetJapan, 1799: Die Niederländer treiben Handel mit Asien. Vor der Stadt Nagasaki liegt der Handelsposten Dejima – eine ganz besondere Insel. Hier landet Jacob de Zoet als junger Mann und lernt nicht nur die Arbeitsabläufe, sondern auch eine besondere Frau kennen.

Jacobs eigentlicher Arbeitsauftrag lautet: Unregelmäßigkeiten der Buchführung aufspüren und nach Möglichkeit bekämpfen. Er beginnt seine Tätigkeit mit Feuereifer und großem Ernst . Im Laufe des Jahres  muss er allerdings erkennen, dass sich die Seilschaften der Vorgesetzten und Kollegen als stärker erweisen als ihr Ehrgefühl. Mit erheblichen Folgen für Jacob.  Continue reading David Mitchell: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet, Teil 1

Eva-Maria und Wolfram Zurhorst: Liebe dich selbst – und entdecke, was dich stark macht

Das inzwischen bekannte Ratgeber-Paar Zurhorst hat einen älteren Titel grundlegend überarbeitet und damit eigentlich ein neues Buch vorgelegt. Sowohl der Umgang mit beruflichen Veränderungen, speziell einer Kündigung und damit verbundenen Ängsten, als auch die Aufarbeitung und Bewältigung dieser Krise gemeinsam mit dem Lebenspartner stehen dabei im Focus.

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Geschenkideen historische Romane

Gerade wurde ich nach lesenswerten historischen Romanen gefragt. Daher hier eine kleine Auswahl meiner Lieblinge!

Amitav Ghosh, Das mohnrote Meer

Bangladesh um 1850: Viele armen Bewohner bauen Opium an, die Kolonialmacht Großbritannien beutet die armen Bauern „dankbar“ aus. Das ist der Rahmen für einen bunten Roman mit ganz unterschiedlichen Protagonisten: einen verarmten Prinzen, ein Bauernpaar, ein Junge, der von zu Hause weggeht. Sie alle haben mit dem Opium zu tun, also bauen es an oder konsumieren es. Und alle haben Gründe, ihr altes Leben zu verlassen und sich schließlich auf einem Auswandererschiff wieder zu treffen. Opulent erzählt, tolle Charaktere und Landschaftsbeschreibungen. Habe ich sehr gern gelesen!

Der Nachfolgeband ist gerade erschienen, er liegt aber noch auf meinem „Lesen!!!“-Stapel.

(Heyne TB, 9,95 Euro. ISBN 978-3-453-40597-4)

Ildefonso Falcones, Die Kathedrale des Meeres

Barcelona um 1500, der Junge Arnau kommt auf der Flucht in die freie Stadt Barcelona. Der junge Jude ist hier sicher, erlebt aber auch Diskriminierung. In seiner Nähe befindet sich eine kleine Kapelle, die zu einer großen Kathedrale umgebaut wird: Santa María del Mar. Der Leser wird auf die lange Lebensreise Arnaus mitgenommen, der verschiedene Berufe ausübt und wechselvollen politischen Wandlungen Barcelonas unterworfen ist. Auch für Nicht-Spanienkenner ein anspruchsvoller, gut recherchierter Roman, den ich mal über Silvester gelesen habe und gar nicht aufhören wollte…!

(Fischer TB, 12,95 Euro. ISBN 978-3-596-17511-6)

Maria Fiorato: Das Geheimnis des Frühlings

Italien, 1481: Luciana verdient ihr Geld als Straßenmädchen, als sie angeheuert wird, um Botticelli Modell zu stehen für das Gemälde „Primavera“ (Der Frühling). Geschmeichelt geht sie darauf ein, stiehlt dann aber aus Frust eine Skizze, da sie am Ende nicht entlohnt wird. Bald muss sie fliehen, die Skizze scheint wertvoll zu sein, Menschen in ihrer Umgebung müssen deswegen sterben. Auf der abenteuerliche Flucht versucht sie mit Hilfe eines Mönchs das Geheimnis hinter dem Gemälde zu lösen. Das Buch ist eine schöne und leicht geschriebene Geschichte, die sowohl Krimi, Liebesgeschichte, Kulturgeschichte als auch Kunstgeschichte in sich vereint. Ein schöner Schmöker!

(Blanvalet TB, 9,99 Euro. ISBN 978-3-442-37480-9)

Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

"buchhandel.de/Deutschland im Winter. Kurz nach Weihnachten ist es so weit: die Menschen nehmen ein paar Pillen und beginnen den üblichen dreimonatigen Winterschlaf. Nur Wenige verzichten darauf – dieses Jahr auch Robert. Der Ich-Erzähler nimmt die Leser mit auf seine Reise.

Aus einer Klinik bei Göttingen macht er sich mit einem Mit-Patienten und Annina, dem Mädchen von der Raststätte, auf nach München. Durch die verschneite Winterlandschaft, in der nur wenige Menschen unterwegs sind, suchen die drei ihren Weg. Eine besondere Winter-App zeigt ihnen, welche Gaststätten und Tankstellen trotz des Winterschlafs geöffnet sind. Continue reading Benjamin Lebert: Im Winter dein Herz

Henning Mankell: Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Wieder ein neuer Roman des schwedischen Autoren, der uns wieder nach Afrika entführt.
Zwar lernen die Leser die junge Hanna in Portugiesisch-Ostafrika kennen, durch Rückblenden werden wir aber schnell in die verschneite schwedische Winterlandschaft 1903 versetzt.

Hanna stammt aus armen Verhältnissen, nach dem Tod des Vaters herrscht Hunger und Elend. Die Mutter bittet Hanna, die gerade 18 Jahre alt wird, an die Küste zu gehen und dort als Hausmädchen ihr Glück zu versuchen. Zuhause gibt es keine Möglichkeiten für sie. Continue reading Henning Mankell: Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Isabel Allende: Mayas Tagebuch

Isabel Allendes neuestes Buch nimmt uns mit in eine abgelegene Landschaft: Chiloé, ein im Süden Chiles gelegenes Insel- und Naturparkgebiet, in das sich bestenfalls einzelne Touristen verirren, um schamanische Praktiken zu bestaunen.

Hierhin kommt die 19jährige Maya Vidal eines Tages – mehr oder weniger unfreiwillig, denn sie stammt aus Kalifornien und hat außer der Tatsache, dass ihre Großmutter aus Chile stammt, keinen weiteren Bezug zum Land. Maya hat allerdings eine sehr bewegte Vergangenheit, die die Autorin sie in Form eines Tagebuchs erzählen lässt. Continue reading Isabel Allende: Mayas Tagebuch

Horst Evers: Der König von Berlin

Immer etwas schräg, so kennt man Horst Evers. Nun hat der Autor seinen ersten Kriminalroman veröffentlicht – was natürlich Erwartungen weckt.

Der Krimi spielt in Berlin, und schon im ersten Satz kommt eine Leiche vor. Allerdings ist es eine tote Ratte. Wer sich mit toten Ratten nicht anfreunden mag, sollte nicht weiter lesen, denn das ganze Buch spielt im Kammerjäger-„Milieu“. Berlin leidet seit einiger Zeit unter einer massiven Rattenplage, und das merkwürdigerweise erst seit dem Tod des „großen alten Mannes“ der Kammerjägerzunft.  Continue reading Horst Evers: Der König von Berlin

Die Geister schweigen

Der Titel des Buches von Care Santos ist etwas irreführend: bei diesem großartigen Buch handelt es sich weder um eine Geistergeschichte noch um einen Spukroman.

Vielmehr geht es in dieser Familiengeschichte um Amadeo Lax, einen (fiktiven!) Maler aus Barcelona. Die Familiengeister treten als Erzähler auf und nehmen uns mit durch die Zeit: angefangen bei den Großeltern und Eltern, treffen wir auch die Kinder und Enkel des Malers, und springen dabei durch die Jahre. Dies ist zwar am Anfang etwas verwirrend, dank der Zeittafel und des Stammbaums aber kein Problem.

Eine weitere Protagonistin ist Violeta, die Enkelin des Malers und selbst Kunsthistorikerin. Sie ist (in der Gegenwart) im ehemaligen Haus des Großvaters und wegen dessen Renovierung vor Ort, als merkwürdige zugemauerte Räume entdeckt werden. Es stellt sich heraus, dass einiges aus der Familiengeschichte etwas anders war, als Violeta vermutet hatte…
Im Laufe des Romans erhalten die Leser ein immer umfassenderes Bild der Familie, aber auch des Malers an sich.

Durch die verschiedenen Stilelemente (Roman, E-Mail, Katalogeintrag, und andere) liest sich das Buch sehr abwechslungsreich. Die Handlung begeisterte mich als Liebhaberin von Familiengeschichten, historischen Romanen und Biografien und besticht durch gerade diese Mischung.

Ein gelungenes Werk einer mir bisher unbekannten Autorin – und sehr lesenswert!

Care Santos: Die Geister schweigen
Krüger 2012.